Heli-Geschichten

Medical Grounding

Es geschah am Sonntag dem 23.Juni. Wie so oft in diesem Frühling war kein Flugwetter. Allerdings kam mir das ausnahmsweise gerade recht, denn ich hatte bei den letzten Flügen bemerkt, dass der Talon Regler im T-Rex etwas zu heiss wurde. So wollte ich den Tag nutzen um diesem Problem nachzugehen und mir die Programmierung des Reglers vornehmen. Ich ging davon aus, dass bei meinem Sonntagsflieger Flugstil die Drehzahl wohl etwas zu tief ist, also erstmals die Drehzahl messen.

 

Zum Glück steht mir für solche Aktionen eine Dachterrasse zur Verfügung, so musste ich nicht extra zum Flugplatz fahren. Ich schloss also den Akku an und schob den Gashebel soweit nach vorne bis der Rotor richtig auf Touren war, der Heli aber immer noch stabil am Boden stand. Dann griff ich zum optischen Drehzahlmesser und brachte ihn in Position.

Da passierte es! Auf eine nicht nachvollziehbare Weise habe ich wohl mit dem Körper den Pitchhebel berührt. Ich realisierte zwar noch, dass der Heli abhob, aber da knallte es auch schon. Teile flogen durch die Luft und ein stechender Schmerz durchfuhr meine Hand. Beim Blick nach unten sah ich, dass der linke Daumen nur noch an einem Faden hing. Die nächsten Minuten agierte ich nur im Schock. Ich rannte in Richtung Wohnung und schrie dabei so laut um Hilfe, dass mir meine Freundin und die Nachbarn schon von weitem entgegenkamen. Ich stammelte nur noch  "der Daumen ist ab, der Daumen ist ab" und umklammerte mit der rechten Hand meine Linke, wohl in der Angst, dass der Daumen noch ganz abfällt. Nach einigen gelähmten Schrecksekunden, umwickelte meine Freundin meine Hände mit einem Handtuch und wählte mit zittrigen Fingern den Notruf. Die 10 Minuten bis zum Eintreffen der Ambulanz waren die Längsten meines Lebens. Ich vertrieb mir die Zeit damit, meine Freundin aufs Dach zu schicken um den Senderkoffer zu schliessen, falls es zu regnen anfängt. First Things First!

 

Der Krankenwagen fuhr mich direkt in die Insel (Universitätsspital Bern) zu den Spezialisten für Handchirurgie, wo ich am gleichen Abend noch operiert wurde. In einer 6-stündige Operation haben die Chirurginnen meinen Daumen, mit Ersatzteilen aus dem Unterarm und dem Becken, neu aufgebaut und wieder angenäht.

 

Das ist nun fast 3 Monate her. 7 Wochen war mein ganzer Unterarm durch eine Schiene stillgelegt, seither geh ich 2x die Woche zur Therapie um die Beweglichkeit des Daumens wieder herzustellen. Bis zur vollständigen Rehabilitation kann laut Ärzten gut ein ganzes Jahr vergehen. Das Hauptgelenk musste bei der Operation mit einer Metallplatte fixiert werden, ich werde also nur noch das vorderste Fingerglied bewegen können. Inzwischen kann ich zum Glück die Fernsteuerung wieder in der Hand halten und habe auch bereits die ersten Flüge am Simulator absolviert. Für einen echten Flug reicht es im Moment noch nicht, ich bin aber zuversichtlich, dass ich das bis zum Frühling wieder hinkriege. Das Fliegen am Simulator ist übrigens offiziell Teil der Therapie, weil ich damit ohne Kraftaufwand die Beweglichkeit und das Feingefühl trainieren kann. Mal sehen, ob mein nächster Heli von der Krankenkasse bezahlt wird :-D
Arbeiten kann ich natürlich auch wieder, nicht dass jetzt jemand denkt ich würde auf Kosten der Versicherung den ganzen Tag "Heliköpterle". 

 

Hier noch ein paar Bilder vom entstandenen Schaden. Der Heli selbst hat es ganz gut überstanden, bis auf die üblichen Crashschäden an Rotorblättern und Rotorwelle.

Die Reste vom Drehzahlmesser, welcher wohlgemerkt durch meinen Daumen "geschützt" war!
Die Reste vom Drehzahlmesser, welcher wohlgemerkt durch meinen Daumen "geschützt" war!
Explodierter 6S LiPo
Explodierter 6S LiPo

Die Unfall-Bilder vom Daumen erspare ich euch, bis auf dieses hier 

Röntgenbild vom reparierten Daumen
Röntgenbild vom reparierten Daumen

Der Drehzahlmesser wird übrigens durch ein IISI Telemetrie Set ersetzt werden. Ihr könnt sicher verstehen, dass ich meine Finger nicht nochmal in die Nähe eines drehenden Rotors halten werde.  

 

Erstellt: 15.September 2013